Elke Vorholt in et – Energiewirtschaftliche Tagesfragen
Das Frauennetzwerk women&energy hat sich in den vergangenen Jahren gut in der Energiebranche etabliert. Vergleichsweise gering vertreten sind allerdings noch immer Frauen aus kleinen und mittleren Stadtwerken. Daher könnten gerade sie und ihre Arbeitgeber besonders von einer Teilnahme profitieren. Ein Artikel von Jasmin Breuning und Elke Vorholt.
Das Netzwerk women&energy wurde ursprünglich gegründet, um die Männerdominanz in der technisch und traditionell geprägten Energiebranche etwas aufzubrechen. Gerade Spitzenpositionen sind hier noch immer ganz überwiegend von Männern besetzt. Für mehr Chancengleichheit ist es besonders wichtig, dass sich weibliche Leistungsträger stärker vernetzen. Ziel ist es, die Position, das berufliche Umfeld und die fachlichen Einflussmöglichkeiten von Frauen in der Energiebranche zu stärken. Die Energiewirtschaft ist hochkomplex und muss Antworten auf sehr spezifische Fragestellungen finden. Mit ihrer Kompetenz und ihren Konzepten, ihren Erfahrungen und ihrem Engagement helfen die weiblichen Führungskräfte der Energiebranche in einer wichtigen Phase – nämlich einer Phase der fundamentalen Umbrüche. Dabei geht es um nichts Geringeres als um die zentralen Herausforderungen der Energiewende.
Die Branche steht im wahrsten Sinne des Wortes unter Strom und braucht konstruktive Impulse. Das Netzwerk wird neben den Initiatoren inzwischen zunehmend von weiteren Institutionen wie Hochschulen, Energieversorgungsunternehmen (EVU) oder Dienstleistern unterstützt, um den Netzwerkgedanken zu pflegen.
Informationsaustausch und Weiterbildung
Der wichtigste Grund, Mitglied von women&energy zu werden oder sich hier zu engagieren, liegt in der Möglichkeit des vertrauensvollen Austauschs sowie der fachlichen und persönlichen Weiterbildung. Die Kreativität und Kompetenz der Netzwerkpartnerinnen wird genutzt, um Feedback persönlicher und auch beruflicher Art zu erhalten.
Auf fachlicher Ebene bietet women&energy gerade Mitarbeiterinnen von kleinen und mittleren Stadtwerken den Vorteil, Trends und Strömungen sowie neue wichtige Informationen frühzeitig mitzubekommen. Denn bei Energieversorgern dieser Größenordnung sind Kompetenzen häufig an eine Person gebunden, welche darüber hinaus ein breites Themenspektrum verantwortet. Gerade diese Führungskräfte müssen daher fachlich generalistischer aufgestellt sein als ihre Kollegen in größeren Unternehmen.
Hinzu kommt, dass die Energiewirtschaft permanent mit einer Vielzahl von Gesetzesänderungen konfrontiert ist, die in den verschiedensten Bereichen der EVU umgesetzt werden müssen. Dabei sind die rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen grundsätzlich für alle Unternehmen gleich – unabhängig von der Größe.
So ergeben sich bei der täglichen Arbeit oder auch bei der Umsetzung von Projekten häufig Fragestellungen, für die im eigenen Unternehmen kein fachkundiger Sparringspartner zur Verfügung steht. Bei Netzwerktreffen begegnen sich Frauen in ähnlicher Position, können mit Kontakte knüpfen, auf Augenhöhe diskutieren, Rat einholen und von gegenseitigen Erfahrungen profitieren. Diese Kontakte bieten die Chance zum Aufbau eines eigenen Expertennetzwerks. Durch den persönlichen Charakter der Treffen entfällt die sonst weit verbreitete Sorge, sich eine Blöße zu geben. Auch außerhalb der Treffen finden Frauen Unterstützung bei ihren Kolleginnen. Man hilft sich bei der täglichen Arbeit und bei der Umsetzung von Vorgaben. Einzelfragen lassen sich oft bereits durch einen kurzen Anruf klären. Natürlich ließen sich viele Fragen und Probleme auch durch externe Fachberater klären, was aber mit wesentlich höheren Kosten verbunden wäre.
Andererseits profitieren auch die Kolleginnen von größeren Unternehmen von diesem Netzwerk. Die Generalistinnen aus den kleineren und mittleren Unternehmen bringen ihre eigenen Kompetenzen und Erfahrungen ins Netzwerk ein. Gerade weil sie breiter aufgestellt sind, behalten sie den Überblick über die Wechselwirkungen von Änderungen in einem Bereich auf einen anderen. Und von diesem Wissen partizipieren wieder die Netzwerkerinnen der Großen.
Das Netzwerk bietet auf fachlicher Ebene die Chance, die Stärken und Kräfte der einzelnen Mitglieder zu bündeln. Informationen können schnell beschafft und auch verteilt werden. So gelingt es, sich mit Themen im eigenen Verantwortungsbereich anforderungsgerechter auseinanderzusetzen und auch frühzeitig neue Impulse zu erhalten.
Neben den fachlichen Vorteilen bietet das Netzwerk auch die Möglichkeit der persönlichen Weiterentwicklung. Gerade kleine und mittlere EVU besitzen oftmals kein eigenes Mentoringprogramm für Nachwuchsführungskräfte. women&energy bietet auch hier eine wertvolle Plattform. So eröffnet der Erfahrungsaustausch während der Pausen und am Ende der Veranstaltung die Möglichkeit, mit kundigen Persönlichkeiten in Kontakt zu kommen und von ihren Erfahrungen zu lernen. Netzwerkteilnehmerinnen können zudem über ihre persönlichen Beziehungen und deren Empfehlungen leichter Kontakte zu Entscheidern und Meinungsträgern aufnehmen.
Vorteile für den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber profitiert unmittelbar von den Erfahrungen und Kenntnissen, die im Netzwerk aufgebaut werden und mittelbar über das Kontaktnetzwerk der Frauen. Nicht zu vernachlässigen ist auch die zusätzliche Motivation, die vielfach aus einer Teilnahme am Netzwerk erwächst. Die eigene Arbeit wird vielfältiger und abwechslungsreicher, was Führungskräfte im Alltag beflügelt und die Effektivität ihrer Arbeit steigert. Junge Nachwuchsführungskräfte sehen am Beispiel der Prokuristinnen, Geschäftsführerinnen und Vorstände aus dem Netzwerk, wie heute Karriere gemacht wird. Erfahrungen werden diskutiert, ohne Matrizen zu liefern.
Leider halten viele kleinere und mittlere EVU ihre weiblichen Führungskräfte noch immer für unabkömmlich oder glauben, den Input von women&energy nicht zu benötigen. Hinzu kommt, dass weibliche Führungskräfte in vielen EVU noch unterrepräsentiert und von den Entscheidungen ihrer männlichen Vorgesetzten abhängig sind. Da werden Frauennetzwerke auch gerne süffisant als Schnickschnack abgekanzelt.
Wodurch kann women&energy noch erfolgreicher werden?
Wir brauchen die Vielfalt in unserem Netzwerk, Repräsentanten aus großen wie kleinen Energieversorgern mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen und in verschiedenen Lebensphasen. Die Basis unseres bisherigen Erfolgs ist der vertrauensvolle Umgang miteinander, das Verständnis für die unterschiedlichen Positionen und Meinungen unser Teilnehmerinnen. Groß oder klein – jeder Input ist wertvoll. Nicht zu vergessen, dass gerade die mittleren und kleineren Energieversorger besonders flexibel sind, um Veränderungen konsequent und schnell umzusetzen und voranzutreiben. Gerade in diesem Veränderungsprozess spielt Führung eine große Rolle.
Wir benötigen Zeit – die Zeit der weiblichen Führungskräfte und die Unterstützung ihrer Arbeitgeber. Wir brauchen Zeit für die Kontaktpflege und bieten eine Plattform, um zu lernen und sich auszutauschen. Frauen, die eine aktive Rolle übernehmen, sind bei uns gern gesehen. Ein Netzwerk ist keine Einbahnstraße, sondern immer ein Geben und Nehmen. Unterstützung ist wichtig, aber auch ein „Nein“ muss akzeptiert werden und ein „Danke“ ist selbstverständlich.
Wie funktioniert das Netzwerk?
Um die Vernetzung der weiblichen Führungskräfte von heute und morgen zu fördern, finden zweimal im Jahr Netzwerktreffen an unterschiedlichen Standorten statt. Die Netzwerktreffen dienen dem persönlichen Austausch der Teilnehmerinnen und sind in mehrere inhaltliche Schwerpunkte gegliedert.
Fachbeiträge und Beiträge zur Persönlichkeitsentwicklung sind stets wesentliche Bestandteile der Treffen. Die Teilnehmerinnen stammen von kleinen, mittleren und großen Unternehmen aus verschiedenen Bereichen der Energiewelt. Aufgrund dieser Heterogenität des Netzwerks sind auch die Fachbeiträge äußerst vielschichtig. Gerade dies ermöglicht einen weiteren Blick über den Tellerrand. Die Fachbeiträge stellen zudem eine effiziente und günstige Art der Weiterbildung dar. Dies gilt umso mehr für die Teilnehmerinnen aus kleinen und mittleren EVU, die häufig nicht über interne Schulungen verfügen.
Der persönliche Austausch der Teilnehmerinnen ist immer in fachliche Themen oder Beiträge zur Persönlichkeitsentwicklung eingebettet. Zu den fachlichen Themen zählten bislang beispielsweise:
- Veränderungen in der Energiewirtschaft – Technologie- und Innovationsgetriebene Trends
- Erwartungen an die Energieunion
- Aktuelle Energie- und Klimaziele 2030 in der EU und deren Bedeutung für einzelne Bundesländer
- Erfolgreiche Mengenbilanzierung durch hohe Datenqualität
- Investitionen gekonnt steuern
- Steuern – Jede Drehung ist eine neue Herausforderung!
- EEG – Novelle: Kennen Sie Ihr Recht und womit können Sie noch rechnen?
- Die Zukunft der Elektromobilität
- The Power of Cities
- Versorgungssicherheit, Dezentralisierung und die Rolle der Energieversorger bis 2030
- Lebensphasenorientierte Personalpolitik als Basis zweidimensionaler Karriereorientierung
Auch die Persönlichkeitsentwicklung nimmt großen Raum ein. Die Teilnehmerinnen werden über eine Vielzahl an Themen zum Nachdenken und zur Optimierung ihrer Situation und Position angeregt. Dazu gehörten in der Vergangenheit Themen wie:
- Diversity & Inclusion – Vielfalt als Erfolgsfaktor
- Führung als Chance in sich stark verändernden Rahmenbedingungen
- Just do it! Frauen v erändern Wirtschaft– Praxisbeispiele
- Mixed Leadership
- Stereotype bei der Auswahl von Führungskräften – warum sie existieren und wie Sie sie überwinden
- Wake up! Entspannungs- und Motivationstraining
Neue Impulse finden
Jasmin Breuning ist Leiterin der Abteilung Steuern der Stadtwerke Dinslaken GmbH.
Elke Vorholt ist Geschäftsführende Gesellschafterin der LAB & Company, die zu den führenden Personalberatungsgesellschaften der Energiewirtschaft in Deutschland zählt. Die Düsseldorfer Personalberater wickeln jährlich rund 50 Such-Mandate für Stadtwerke, Konzerne und Dienstleister ab, davon etwa die Hälfte auf Organebene.
Quelle: et – Energiewirtschaftliche Tagesfragen